Wussten Sie schon, dass...
Das Tarifforum 2018 den Blick der Teilnehmern die Zukunft der Tarifautonomie und in die Zukunft der Arbeit weiter geöffnet hat?
Das TARIFFORUM im neuen Gewand
Am 29. Juni 2018 veranstaltete die CARL FRIEDRICH VON WEIZSÄCKER- STIFTUNG das TARIFFORUM 2018. Es stand unter der Ägide ihres Kurators Rechtsanwalt Dr. Frank Meik.
Es fand nun zum dritten Mal Ende Juni in Berlin in einer neuen Struktur statt, nachdem die Carl Friedrich von Weizsäcker-Stiftung, München, Bereich Zukunft der Arbeit, das TARIFFORUM im Jahr 2015 von Herrn Rechtsanwalt Dr. Lehmann übernommen hat, der dies zuvor über 15 Jahre verantwortet hat.
Das bekannte TARIFFORUM beschäftigt sich mit Grundsatzfragen. Auf der Tagesordnung stehen aktuelle Fragen der Tarifautonomie, des Tarifrechts und der Tarifpolitik sowie der Arbeitswelt. Die Plattform soll den Meinungsaustausch zwischen Unternehmen, Verbänden, Gewerkschaften, Wissenschaft, gesellschaftlichen Gruppen und der Politik ermöglichen. Die unterschiedlichen Sichtweisen führen zu einer Vertiefung der Diskussion und erhöhen die Möglichkeit, Lösungen zu finden. Hintergründe und Strukturfragen werden offengelegt.
Am TARIFFORUM nehmen regelmäßig Unternehmer, Personalverantwortliche, Rechtsanwälte, Vertreter von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften, renommierte Wissenschaftler, Fachleute, Bundesarbeitsrichter und Politiker teil. Sie tauschen ihre Meinungen über die thematisierten Herausforderungen und deren Auswirkung sowie Umsetzung für die betriebliche Praxis aus.
Schwerpunkte des diesjährigen Kongresses TARIFFORUM 2018 waren Zukunftsfragen zur Arbeit, Tarifeinheit sowie Ansätze zu Lösungen in der digitalisierten Arbeitswelt (4.0 ).
Zum Inhalt des TARIFFORUMS 2018:
A. Tarifautonomie
1. Zur Einstimmung gab RA Dr. Frank Meik, CFvW-Stiftung einen Überblick über den Status der Welt der Arbeit und über Perspektiven in die Zukunft der Arbeit.
2.Professor Dr. Martin Franzen, Ludwig -Maximilians - Universität München,
erläuterte die Kernaussagen des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) in dessen Urteil vom 11.7.2017 zur Frage der Verfassungskonformität des Tarifeinheitsgesetzes (TEG).
Nach einer Analyse der rechtlichen und praktischen Auswirkungen des Urteils stellte Franzen eigene Vorschläge zu Änderungen und Ergänzungen des TEG vor. Zugleich wies er darauf hin, dass es dem Gesetzgeber freisteht, ein völlig neues TEG zu gestalten.
Zur Frage, wie es in der Tarifpraxis weiter geht, wenn der Gesetzgeber nicht innerhalb der ihm vom BVerfG gesetzten Frist bis zum 31.12.2018 reagiert, hob Franzen hervor, dass das BVerfG nur verfassungswidrigen Teile des TEG, nicht jedoch insgesamt die Nichtigkeit des TEG festgestellt hat . Sollte der Gesetzgeber nicht fristgemäß handeln, so würde der derzeitige vom BVerfG gesetzte Rahmen mit den Vorgaben dennoch zunächst unberührt bleiben. Das TEG werde ab dem 1.1.2019 nicht etwa insgesamt nichtig. Es spreche aus seiner Sicht einiges dafür, dass das BVerfG nach erneuter Anrufung durch einen Betroffenen eine Klärung über die neue Situation herbeiführt.
3.Professor Dr. Robert von Steinau – Steinrück griff das für Tarifpolitiker hochinteressante aktuelle Thema: „Tarifverträge für Solo-Selbständige und andere“ auf.
Er verwies unter anderem auf Regelungen in der Satzung einzelner Gewerkschaften wie IG Metall und ver.di über die Mitgliedschaft von Solo-Selbständigen. Dabei sprach er die tarifrechtlichen Risiken an, die sich aus derartigen Satzungsregelungen für die Tariffähigkeit ergeben können. Zu bedenken sei, dass zur Tariffähigkeit die von der Rechtsprechung geforderte Gegnerunabhängigkeit gehört. Diese könne von den Tarifvertragsparteien nicht gewährleistet werden, wenn die Solo-Selbständigen und ähnliche Unternehmer im Status einbezogen sind. Hierzu habe das Bundesarbeitsgericht fallbezogen bereits erste Klarstellungen herbeigeführt.
4. Über die Entwicklung der Tarifautonomie diskutierten Vertreter von Tarifvertragsparteien und Vertreter aus Wissenschaft und Praxis in einer Podiumsdiskussion. Thema war die „Entwicklung der Tarifautonomie“.
An der Podiumsdiskussion nahmen unter der bewährten Moderation von
Professor Dr. A. Schunder (NZA) folgende Repräsentanten aus Verbänden und Wissenschaft sowie Praxis teil:
- Frau Dr. N. Absenger, Bundesvorstand DGB, Berlin
- Professor Dr. R. von Steinau- Steinrück, Kanzlei Luther, Berlin
- Professor Dr. M. Franzen, LMU-München
- Werner Bayreuther, ehem. Hautgeschäftsführer des AGV Move
- Roland Wolf, Geschäftsführer BDA , Berlin
B. Digitalisierung in der Arbeitswelt
Der zweite Teil des Tarifforums war der Digitalisierung gewidmet.
1. RA Dr. Frank Meik, CFvW-Stiftung, München gab einen Impulsvortrag mit einem Überblick über die „Herausforderungen der Arbeitswelt 4.0.- Ändert sich alles?“
2. Dr. Klaus-Peter Stiller, Hauptgeschäftsführer BAVC (Bundesarbeitgeberverband
Chemie) berichtete aus der Praxis des Verbandes und der chemischen Industrie über Lösungsansätze zum Thema:
„Toolbox für Unternehmen-was kann ich praktisch tun?“
3. In der zum Abschluss folgenden Podiumsdiskussion unter der Moderation von Professor Dr. Achim Schunder trugen die Repräsentanten ihre Statements vor zum Thema :
:
„Arbeitswelt 4.0.: Herausforderungen für die Arbeitgeberverbände und die Gewerkschaften-Lösungen der Praxis“
Teilnehmer an der Diskussionsrunde waren:
- Dr. h.c. Thomas Sattelberger, MdB, FDP, München,
- Professor Dr. Jens Schubert, Bundesvorstand ver.di, Berlin
- Dr. Klaus-Peter Stiller, Hauptgeschäftsführer BAVC, Wiesbaden
- Dr. Jens Thau, Geschäftsführer AGV Banken, Berlin.
Den Statements folgte ein sachkundiger Meinungsaustausch.
Einigkeit gab es in den Auffassungen über die im Zeitalter 4.0. gewandelten und sich in zunehmend kürzeren Abständen weiter wandelnden Arbeitsaufgaben mit neuen digitalen Modellen in der Arbeitswelt. Sie lassen zum Teil heute ungeahnten Möglichkeiten der Arbeit der Zukunft vorhersehen oder zumindest erahnen.
Unterschiedliche Sichtweisen bestanden zwischen Arbeitgeber- und Gewerkschaftsvertretern im Hinblick auf eine zukünftig stärkere Eigenverantwortung von Arbeitnehmern in Verbindung mit der dafür notwendigen Flexibilität in der Arbeitsgestaltung, der Arbeitszeit und dem Arbeitsort.
Dies wurde unter anderem hinsichtlich der Arbeit außerhalb des Büros diskutiert. Kontroverse Meinungen zwischen Vertretern der Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften wurden sichtbar unter anderem zur Frage, ob und inwieweit bei nicht mehr kontrollierbarer Arbeitszeit gleichwohl das Volumen an notwendiger Arbeitszeit noch nachvollzogen werden kann, oder ob ein Umdenken im Zeitalter 4.0 mit einer stärkeren Ergebnisorientierung der Arbeit erforderlich ist und welche Lösungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Wandlung der Arbeit interessengerecht sind.
Das Schlusswort sprach Dr. Frank Meik, CFvW-Stiftung, München.
Im Juni 2019 wird das TARIFFORUM 2019 in Berlin stattfinden.
gez. Dr. F.-Wilhelm Lehmann
Schliersee 30.6. 2018