Wussten Sie schon, dass...
Das Teilzeit-und Befristungsgesetz (TzBfG) geändert und nun in der Gestalt des Referentenentwurfs der Bundesregierung vom 17.April 2018 vorliegt?
Der Entwurf trägt die Überschrift „Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts- Einführung einer Brückenteilzeit.“
Die große Koalition hält es für ein wichtiges arbeits-, gleichstellungs-und familienpolitisches Anliegen, dass Beschäftigte freiwillig in Teilzeit arbeiten könne, aber nicht unfreiwillig in Teilzeitarbeit verbleiben müssen. Nach dem derzeit noch geltenden Teilzeit- und Befristungsgesetz haben beispielweise Frauen, die ihre Kinder oder weitere Familiengehörige versorgen müssen, zwar zur Überbrückung der Fürsorgezeit das Recht auf Teilzeit, aber sie haben keinen Anspruch auf Rückkehr in die Vollzeit. Die Rückkehr ist nach dem noch geltenden Rechtrechtlich kaum durchzusetzen (Vgl. § 9 TzBfG).
Diesen Zustand, der insbesondere Frauen den Weg zurück zur Vollzeit abschneidet, will die Bundesregierung durch einen Anspruch auf Brückenteilzeit ändern.
Dieses Ziel mag löblich sein. Jedoch enthält der Referentenentwurf,
insbesondere folgende kritische Punkte:
1. Bei dem nach § 9 TzBfG bestehenden Anspruch auf Verlängerung der Arbeitszeit wird die Beweislast zu Ungunsten des Arbeitgebers verändert. Der Arbeitgeber muss ggf. im Gegensatz zur derzeitigen Rechtslage darlegen und beweisen, dass der Arbeitsplatz nicht frei oder kein Vollzeitarbeitsplatz ist oder dass der Arbeitnehmer ungeeignet ist. Dies stellt einen massiven Eingriff in die betriebliche Gestaltung der Arbeitsabläufe und die Rechte des Arbeitgebers zur Gestaltung der Arbeitszeit dar.
2. Es soll ein § 9a mit einem Anspruch auf begrenzte Verringerung der Arbeitszeit eingeführt werden. Dieser ist auf einen Zeitraum von einem bis zu fünf Jahren begrenzt und auf Arbeitgeber beschränkt, die in der Regel mehr als 45 Arbeitnehmer beschäftigen.
Für Arbeitgeber mit mehr als 45 und nicht mehr als 200 Beschäftigten gilt eine "Überforderungsklausel" dahingehend, dass einem pro angefangenen 15 Mitarbeitern der Anspruch gewährt werden muss. Bei der Berechnung der zumutbaren Zahlen an Freistellungen werden die ersten 45 Mitarbeiter aber mitgezählt.
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) weist kritisch darauf hin, dass diese Regelung die vom Referentenentwurf angestrebte Zumutbarkeitsgrenze ad absurdum, führt, wenn bei einem Arbeitgeber mit 46 Mitarbeitern gleich vier, also zehn Prozent der Belegschaft, den Anspruch geltend machen könnten.
3. Darüber hinaus soll im § 7 ein vom Koalitionsvertrag nicht mehr erwähnter, allgemeiner Erörterungsanspruch über die Dauer und Lage der Arbeitszeit eingeführt werden. Eine solche Erörterung findet in der Praxis schon heutzutage statt. Ein gesetzlicher Anspruch würde zu neuer Bürokratie und neuer Rechtsunsicherheit führen.
4. Die Mindeststundengrenze in § 12 Abs. 1 TzBfG, in der Arbeit abgerufen (und damit auch vergütet) werden muss, soll von 10 auf 20 Stunden verdoppelt werden.
5. Ferner soll die mögliche abrufbare Zusatzarbeit eingeschränkt werden: Der Anteil der einseitig vom Arbeitgeber abrufbaren zusätzlichen Arbeit darf künftig nicht mehr als 25 Prozent der vereinbarten wöchentlichen Mindestarbeitszeit betragen. Bei einer Vereinbarung über die Verringerung der vereinbarten Höchstarbeitszeit beträgt das Volumen entsprechend 20 Prozent der vereinbarten Arbeitszeit.
Der Referentenentwurf wird nunmehr in der Rechtsliteratur kritisch beleuchtet. Kritik kann noch rechtzeitig in das Gesetzgebungsverfahren eingespeist werden.
Rechtsanwalt Dr. F.-Wilhelm Lehmann, Schliersee
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